27.06.2024 | Webmagazin 2024/03 Erstmalige Ermittlung der wälzbaren EE-Mehrkosten

Oliver Radtke | | Micha Ries | Yannick Fromlowitz | David Goerschel
oliver.radtke@bet-energie.de

Bereits im kommenden September ist es so weit - zum ersten Mal können die Betreiber von Stromverteilnetzen ihre höheren Kosten, die durch die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien entstehen, bundesweit weitergeben und damit ihre Kunden entlasten. Hintergrund sind die durch die Transformation der Stromnetze nötigen Investitionen in das Verteilnetz und die Kosten für das Engpassmanagement, die in Regionen mit hoher Einspeisung erneuerbarer Energien zu höheren Netzentgelten führen, obwohl der Strom in anderen Regionen verbraucht wird.
 

Ende letzten Jahres hat die Bundesnetzagentur hierzu ein Eckpunktepapier veröffentlicht (01.12.2023; BK8-24-001-A), dem nun ein erster Festlegungsentwurf gefolgt ist (18.04.2024).
Das Eckpunktepapier wurde bereits von uns vorgestellt: zum Beitrag 

Mit dem Festlegungsentwurf wird das geplante Konzept nun konkretisiert und die Bundesnetzagentur überrascht insbesondere mit der Dringlichkeit der Einführung und der erstmaligen Anwendung noch in diesem Jahr.

Der vorgestellte Festlegungsentwurf soll bereits ab dem 01.01.2025 gelten. Für die Netzbetreiber bedeutet dies, dass sie erstmalig zum 01.10.2024 die Möglichkeit haben, ihre Mehrkosten zu ermitteln und diese bundesweit zu verteilen. Wer bis zum 01.10. keinen Antrag gestellt hat, verliert seinen Anspruch auf Wälzung seiner Mehrkosten und damit auf Entlastung seiner Kunden.

Die Bundesnetzagentur hat in ihrer Beispielrechnung für das Jahr 2023 Netzentgeltreduzierungen von bis zu 39 % oder 5,49 ct/kWh ermittelt. Die bundesweite Wälzung erfolgt über den bestehenden § 19 StromNEV-Mechanismus und hätte diesen um 0,605 ct/kWh erhöht. Damit wäre ein 3.500 kWh-Haushalt im Gebiet des betroffenen Netzbetreibers um 190 € Netzentgelte entlastet worden, während er durch die bundesweit gestiegene § 19-Umlage 20 € mehr hätte zahlen müssen. Zukünftig könnten weitere Netzbetreiber von Mehrkosten betroffen sein und einen Anspruch auf Wälzung ihrer Mehrkosten haben.

Darüber hinaus enthält der Festlegungsentwurf inhaltliche Anpassungen und Konkretisierungen gegenüber dem Eckpunktepapier. 

Die Berechnung erfolgt für jede einzelne Netz- und Umspannebene des Verteilnetzbetreibers. Dadurch ist es nicht wichtig, ob über das gesamte Netz hinweg wälzbare Mehrkosten vorliegen, sondern jede einzelne Netzebene kann den Anspruch haben, Mehrkosten zu wälzen. 

Im Festlegungsentwurf werden nun auch die maximalen zeitungleichen Rückspeisungen aus fremden Netzen in die eigene Netzebene berücksichtigt, wodurch die Mehrkosten besser abgebildet werden.
Außerdem hat die Bundesnetzagentur einen Korrekturfaktor von 90 % zur Reduzierung der wälzbaren Kosten eingeführt, um so etwaige enthaltene Mehrkosten, die nicht durch die Erzeugung erneuerbaren Energie verursacht werden, pauschal zu berücksichtigen.

Im übernächsten Jahr (t+2) erfolgt ein Soll-Ist-Abgleich des Wälzungsbetrages und die ermittelte Differenz wird mit dem Wälzungsbetrag des Folgejahres (t+3) verrechnet. D.h. die Abbildung des Abgleichs erfolgt wie gewohnt über das Regulierungskonto, die Auflösung des Abgleichs erfolgt jedoch unabhängig vom Auflösungsbetrag des restlichen Regulierungskontos in einem Jahr und nicht über 3 Jahre.

Der Festlegungsentwurf hat einige Konkretisierungen vorgelegt und soll im dritten Quartal, rechtzeitig vor der ersten geplanten Antragstellung und vor der nächsten Preisblattkalkulation für 2025, umgesetzt werden. Diese Festlegung zur Verteilung von Mehrkosten ist ein Lösungsansatz für ein drängendes sozio-ökonomisches Thema der betroffenen Netzbetreiber und ihrer Kunden. 

Unsere Ansprechpartner stehen Ihnen gerne für Fragen zu diesem Thema zur Verfügung und unterstützen Sie bei der Ermittlung der wälzbaren Mehrkosten aus der Erzeugung erneuerbarer Energien.


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