Im Sommer 2019 wurden die letzten Gesetzestexte des „EU-Winterpakets“ veröffentlicht. Zwar passt das Bündel aus Richtlinien und Verordnungen somit nicht mehr wirklich zu seinem ursprünglichen Namen. Doch bei einigen Stromnetzbetreibern wird das Paket sicher für eisige Stimmung gesorgt haben. Anlass ist Artikel 33 der Strombinnenmarktrichtlinie. In Absatz 2 heißt es dort:
„Verteilernetzbetreibern ist es nicht gestattet, Eigentümer von Ladepunkten für Elektrofahrzeuge zu sein oder diese Ladepunkte zu entwickeln, zu verwalten oder zu betreiben (…).“
Die Regelung greift nur dann nicht, wenn in einer von der zuständigen Regulierungsbehörde genehmigten, öffentlichen Ausschreibung kein geeigneter Betreiber gefunden werden konnte und der Netzbetreiber einen diskriminierungsfreien Betrieb sicherstellt. Grundsätzlich sind nur die für den Eigengebrauch des Netzbetreibers bestimmten Ladepunkte – z. B. wenn diese ausschließlich zum Laden von unternehmenseigenen Flottenfahrzeugen genutzt werden – von der Entflechtungsvorgabe ausgenommen.
Ein Blick in das Ladesäulenregister der Bundesnetzagentur verrät: Knapp 600 Ladestationen mit über 1.100 Ladepunkten werden aktuell von Stromnetzbetreibern verwaltet und brauchen zukünftig ein neues Betreibermodell. Während sich die Eigentumsverhältnisse ändern müssen, sollte es gemäß dem Wortlaut der Richtlinie zukünftig jedoch weiterhin möglich sein, Netzbetreiber als Dienstleister mit der Installation von Ladesäulen zu beauftragen.
Für die Kommunen stellt sich die Frage, welche Rolle sie zukünftig beim Ausbau und Betrieb der Ladeinfrastruktur spielen wollen. Da in ihrem Auftrag Ladepunkte betrieben werden, sind auch sie von der Regelung betroffen. Neben dem Betrieb durch ein vom Stromnetzbetreiber unabhängiges kommunales Unternehmen ist bspw. auch eine Konzessionsvergabe denkbar.
Die Richtlinie ist bereits im Juli 2019 in Kraft getreten. Die Mitgliedstaaten haben bis Ende 2020 Zeit, die Regelungen in nationales Recht zu überführen. Im deutschen Kontext wird dabei auch zu beachten sein, welche Auswirkungen sich für kleinere, integrierte Stadtwerke ergeben. Es ist zu erwarten (bzw. zu hoffen), dass auch im Bereich der Elektromobilität die Ausnahmeregelung für Versorger mit weniger als 100.000 Kund*innen greift und somit diese Unternehmen ihre Ladesäulen weiter betreiben dürfen. Dennoch sollten auch die kleineren Stadtwerke die Gesetzgebung in den nächsten Monaten im Auge behalten, um sich bei Bedarf rechtzeitig auf neue Vorgaben zum informatorischen Unbundling bei der Elektromobilität einstellen zu können.