Energiepolitische Entwicklungen
Moderation: Dr. Alexander Kox
Im ersten Block stellten die Referenten unterschiedliche Ansätze für eine möglichst kostengünstige Transformation der Netze für die Energiewende vor.
Dr. Urban Rid, Abteilungsleiter Energiepolitik Strom und Netze im BMWi, stellte die nun angelaufene Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten in den Mittelpunkt, die gemeinsam innovative Antworten entwickeln müssten: „Solche Lösungen kann man nicht von der Stange kaufen.“ Den Auftakt habe Minister Altmaier mit seinen Gesprächsreisen vor Ort gemacht. Große Hoffnungen setzt Rid auf die laufenden 4+4 Gespräche zwischen den ÜNB, VNB, BNetzA und den Verbänden, die u.a. von BET begleitet werden. Im Sommer soll das Strategiepapier „Stromnetze 2030“ eine gemeinsame Entwicklungsperspektive für die Optimierung des Gesamtnetzes aufzeigen - regelzonenübergreifend. Der Blick auf das jeweils eigene Netz greife zu kurz. Denn ein wesentlicher Hebel, um die Kosten niedrig zu halten, sei es gerade, die volatile Last über große Distanzen auszugleichen.
Dr. Mick Ritzau, Generalbevollmächtigter und Gründer der BET, präsentierte verschiedene technische Möglichkeiten, wie die Kapazität der bestehenden Transportnetze erhöht werden könne, um die Kosten für das Engpassmanagement möglichst gering zu halten. BET sieht hierin großes Potenzial zur kostengünstigen Ergänzung des dennoch weiterhin erforderlichen Netzausbaus. Allerdings müsse hier mit Augenmaß entschieden werden, wie weit diese Optimierung das System an die Grenzen der Versorgungssicherheit treiben darf.
Dr. Klaus Kleinekorte, Geschäftsführer von Amprion, appellierte an die Politik, „die Netzbetreiber mal machen zu lassen – sie wissen, was sie tun!“ Konkret bezog er sich dabei auf das sektorenkoppelnde „Hybridge“-Pilotprojekt mit OGE, das den überschüssigen EE-Strom in eine neue H2-Infrastruktur umleiten soll, die z.B. die künftig zu etablierenden städtischen Brennstoffzellen-Busflotten dauerhaft versorgen könne. Die vorhandenen Gas-„Faulenzer“-Leitungen würden die Hardware zur Verfügung stellen, damit sich ein H2-Markt etablieren könne. In den Markt selbst greife der ÜNB ausdrücklich nicht ein – bis auf die Vorgabe, zu welchen Zeiten Überschussstrom systemdienlich in Wasserstoff umgewandelt werden soll.
Dr. Adolf Schweer, Geschäftsführer von MITNETZ STROM, brachte als Lösungsansatz ein, dass benachbarte Verteilnetzbetreiber sich in dauerhaften Kooperationen über neue Anforderungen austauschen und diese gemeinschaftlich lösen sollten, etwa in Pilotprojekten. So habe die ARGE FNB Ost bereits „ein ganzes Stück Digitalisierung geschafft.“ Die gewonnenen Erfahrungen wiederum würden an die Verbände und die Politik zurückgespiegelt.
Auf die Lastseite zielt dagegen das Modell der „Spitzenlastglättung“, das Dr. Wolfgang Zander, Generalbevollmächtigter und Gründer der BET, vorstellte. Das Modell sei die Grundlage für die zukünftige systemdienliche Nutzung dezentraler Flexibilitäten und ermögliche es, einen erheblichen Anteil des teuren Netzausbaus planungssicher zu vermeiden. Eine politische Entscheidung hierüber sei sehr zeitkritisch, damit die Endverbraucher so bald wie möglich in genau die Energiewende-Technik investieren, die diese neuen digitalen Anforderungen auch erfüllten, insbesondere bei Ladesäulen, PV-Anlagen und Wärmepumpen.
> Als gemeinsamer Nenner fand sich immer wieder, dass eine Zusammenarbeit aller Akteure notwendig sei, um die Transformation zu einem neuen Netzsystem zu bewältigen. Dazu passt auch die klare Absage an das Konzept einer lokalen Autarkie: Der Ausgleich über die Energienetze bleibe deutlich kostengünstiger.
Kommunale Infrastruktur – Smart City - Innovation
Moderation: Dr. Olaf Unruh
Der zweite Block lieferte viele konkrete Beispiele zum Mode-Wort „Smart City“, die die Potenziale dieses Megatrends plastisch vor Augen führten.
Tim Ronkartz, Leiter Kompetenzteam Kommunale Infrastruktur & Innovation bei BET, und Dr. Peter Zink, Senior-Manager bei BET, stellten erste Ergebnisse aus einer Studie zur Smart City Infrastruktur vor, die BET derzeit mit dem VKU durchführt. Bis zum Herbst wird BET unter anderem aus den konkreten Projekten von Vorreiter-Unternehmen einen Best Practice Leitfaden entwickeln. Erste Empfehlungen an die Branche lauten: man sollte auf alle Anwendungsbereiche zugreifen können, insbesondere auch die Telekommunikation – man sollte agile Methoden einsetzen – man sollte nur offene IT-Schnittstellen verwenden, um die spätere Ausbaufähigkeit sicher zu stellen.
Auch Alexander Schmidt, CEO von BABLE, thematisierte, dass in vielen kleinen, lokalen Pilotprojekten bereits tragfähige Lösungen entwickelt wurden, die auf andere Orte übertragbar seien. So könnten Stadtwerke z.B. in punkto digitalisierte Straßenbeleuchtung bereits heute auf fertige, praxiserprobte Konzepte zurückgreifen. So können erprobte Bausteine in neue Projekten übertragen und mit spezifischen weiteren Anwendungen kombiniert werden.
Manfred Ackermann, Geschäftsführer der Stadtwerke Emden, präsentierte die preisgekrönte „Digitalisierungs-Roadmap“ der Stadtwerke Emden, für deren Umsetzung sie mit Siemens kooperieren. Bereits umgesetzt ist der Breitbandausbau, freies WLAN und die Stadt-App KEPTN, die von der Bevölkerung sehr gut angenommen wurde. Sein Tipp: „Einfach anfangen, die vielen Daten zu sammeln – die Geschäftsmodelle zu ihrer Nutzung werden später folgen.“
Hans-Jürgen Thomann, Projektleiter ITK bei Currenta, berichtete über das erfolgreiche Projekt der Currenta, den kompletten Chempark neu mit Hochgeschwindigkeits-Breitband auszustatten. Er gewährte Einblicke in die Planung und Realisierung dieser hoch komplexen Kommunikationsinfrastruktur und teilte auch einige Lessons Learned mit dem Publikum.
> Das Publikum zeigte sich inspiriert: 84 % der Gäste wählten die Aussage „Besser heute als morgen anfangen!“ im Online-Voting zur Frage: „Was halten Sie von Smart City?“
Organisationsanalyse und -design
Moderation: Dr. Christiane Michulitz
Der dritte Block beleuchtete am Beispiel von drei seitens BET begleiteten Projekten, wie eine Modernisierung der Unternehmensorganisation gelingen kann. Immerhin drei Viertel der Gäste des BET-Energieforums haben sich auch in ihrer eigenen strategischen Transformation bereits auf den Weg begeben.
Stephan Wilhelm, Vorstand der EWR AG, zeigte auf, wie er erreichte, dass die Mitarbeiter*innen sich durch die Fusion mit dem einstigen Konkurrenten e-rp nicht bedroht fühlten, sondern vielmehr gut aufgehoben in der Gewissheit, dass sich das Gesamtunternehmen zukunftsfähig aufstelle. Wesentliche Grundlagen dafür seien die Entwicklung einer abteilungsübergreifenden Unternehmensstrategie, die durch die einzelnen Mitarbeiter mitgetragen werde, sowie die intensive Pflege eines regionalen Netzwerks der verschiedenen politischen Stakeholder.
Christian Meyer-Hammerström, Geschäftsführer der Osterholzer Stadtwerke, betonte die Bedeutung, bei Organisationsprojekten die Mitarbeiter einzubinden und fair miteinander umzugehen: „Widerstände brechen geht nicht.“ Auch im Netzbetrieb müsse die Effizienz der Organisation ständig hinterfragt werden, da sich auch die Effizienzvorgaben durch die Regulierungsbehörden ständig weiterentwickelten.
Doris Zeller, Leiterin Personal bei den Allgäuer Überlandwerken, gab einen Einblick in die Kulturentwicklung bei den Allgäuer Überlandwerken: Dort wurden die Hierarchien erheblich zurück gebaut – „ohne Verlierer“, da viele ehemalige Führungskräfte sowieso in Ruhestand gingen. Die meisten geschäftlichen Entscheidungen seien inzwischen in die Teams derjenigen Mitarbeiter verlagert worden, die die Themen inhaltlich bearbeiteten. Diese neue Kultur bedinge für die verbleibenden Führungskräfte einen erheblichen Lernprozess: „Wer sich veränderungsbereite Menschen wünscht, muss selbst den Anfang machen!“