Am 18. Mai hat die Europäische Kommission als Reaktion auf die Invasion Russlands in die Ukraine den REPowerEU-Plan vorgelegt, der die Transformation sowie die Unabhängigkeit des europäischen Energiesystems vorantreiben soll. Die Kommission nennt darin konkrete Maßnahmen und verschärft die Ziele des bereits im Zuge des Green Deals vorgestellten „Fit für 55“-Programmes.
Erneuerbare Erzeugung
Um sich unabhängiger von Energieimporten zu machen, soll die eigene Stromerzeugung erhöht werden. Daher wird das Ausbauziel der Erneuerbaren von 40 % auf 45 % bis 2030 angehoben. Im Zuge dessen soll sich die installierte Leistung an Photovoltaikanlagen innerhalb der EU bis 2025 verdoppeln (ca. 300 GW) und bis 2030 auf 600 GW ansteigen, unter anderem durch die verpflichtende Installation von Solarpanelen auf Neubauten. Damit sich der Ausbau auch in der Realität beschleunigt, möchte die Kommission darüber hinaus Gebiete mit geringen Umweltrisiken identifizieren und für diese verkürzte und vereinfachte Genehmigungsverfahren festlegen. Es ist somit davon auszugehen, dass auch in Deutschland zukünftig ergänzende Pflichten (z. B. für Neubauten), regulatorische Vereinfachungen (bzgl. Flächenausweisung) und ggf. weitere oder eine Verlängerung von Anreizmechanismen umgesetzt werden.
Energieeinsparung
Neben der eigenen Energieerzeugung setzt die Kommission auf die Reduktion des Verbrauchs sowie die Diversifikation des Angebots, um unabhängig von Russland zu werden. Der Verbrauch soll sich durch Energieeinsparmaßnahmen und Effizienzsteigerungen sektorenübergreifend verringern; so wird die in „Fit für 55“ vorgeschlagene Effizienzzielerhöhung auf 13 % bzw. insgesamt 45 % bis 2030 gegenüber des EU Referenzszenarios (PRIMES 2007) angehoben. Zudem werden in einer „Mitteilung zum Energiesparen“ freiwillige Einsparmaßnahmen wie die Organisation von autofreien Tagen vorgeschlagen, die die Öl- und Gasnachfrage kurzfristig um 5 % senken sollen. Die EU passt somit übergeordnet die Zielsetzung zum Enegieinsparen an, überlässt den Mitgliedstaaten jedoch die Umsetzung.
Importabhängigkeit senken
Die Bezugsländer für den Import von flüssigen und gasförmigen Energieträgern sollen stärker diversifiztiert werden. Dazu soll über die EU-Energieplattform ein freiwilliger Mechanismus installiert werden, in dem die Nachfrage der Mitgliedstaaten gebündelt und die Beteiligten in ihrer Verhandlungsposition unterstützt werden. Allerdings lässt die Komission die konkrete Durchführung derzeit noch offen. Langfristig werden legislative Instrumente für die verpflichtende Diversifizierung der Gasversorgung der Mitgliedsstaaten erwogen. Durch den zunehmenden Import von grünem Wasserstoff soll langfristig außerdem der Aufbau einer globalen Wasserstoffwirtschaft unterstützt werden.
Finanzierung
Zur Umsetzung der beschriebenen Maßnahmen stellt die Kommission über 300 Mrd. Euro zur Verfügung. Ein Großteil des Geldes stammt jedoch aus der Umschichtung bereits zuvor geplanter Maßnahmen. Lediglich 20 Mrd. Euro will die EU-Kommission zusätzlich über den Verkauf von CO2-Zertifikaten aus der Marktstabilitätsreserve des EU-Emissionshandelssystem zur Verfügung stellen. Dies könnte durch die größere Anzahl von im Umlauf befindlichen Zertifikaten jedoch auch negative Folgen auf den Klimaschutz in Europa haben.
Nächste Schritte
Derzeit wird über die im „Fit für 55“ vorgeschlagene Reform des EU ETS abgestimmt. Vorerst hat das EU-Parlament einen ersten Vorschlag zur Ausweitung des ETS auf die Sektoren Gebäude und Verkehr abgelehnt. Die Pläne bezüglich des Verkaufs der Marktstabilitätsreserve bleiben bisher jedoch unangetastet (Stand: 13.06.22). Wie sich das EU ETS verändert und ob dies Auswirkungen auf die Vorschläge im Rahmen von REpowerEU hat, wird sich mit den kommenden Abstimmungen zeigen.
Die EU bemüht sich also um eine unabhängige Energieversorgung und setzt dabei auf eine beschleunigte Energiewende. Insbesondere beim Ausbau der Erneuerbaren kommen im Zuge des REPowerEU-Plans regulatorische Neuerungen auf Energieversorger zu. Viele der vorgeschlagenen Maßnahmen sind in der kurzfristigen Durchführung allerdings wenig konkret, es bleibt somit abzuwarten, wie die vorgeschlagenen Instrumente in Deutschland im Detail umgesetzt werden und welche realen Veränderungen sich für die Energieversorgung Deutschlands ergeben. Als BET sind wir in die Ausgestaltung der regulatorischen Weiterentwicklungen eingebunden, aber setzen auch mit den EVUs operativ die Veränderungen um.