Die aktuelle politische Diskussion dreht sich nicht mehr nur um eine Reduzierung der Treibhausgase bis zum Jahr 2050, sondern um eine vollständige Klimaneutralität. Damit das gelingen kann, muss Erdgas als Primärenergieträger aus den deutschen Haushalten verschwinden. Knapp 48 % der deutschen Wohnungen wurden im Jahr 2019 mit Erdgas beheizt und waren somit für einen nicht zu vernachlässigenden Anteil der deutschen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Weit über die Hälfte des durch die Verteilnetze geleiteten Gases wird zum Heizen genutzt.
Wasserstoff als Energieträger hat im Jahr 2020 einen ungemeinen Hype erlebt. Hauptauslöser dafür waren unter anderem die politischen Bemühungen, Deutschland auf diesem Themengebiet als Vorreiter zu positionieren (z. B. mit der nationalen Wasserstoffstrategie). Dabei stellt sich allerdings auch die Frage, ob Wasserstoff in „normalen“ Haushalten und anderen Gebäuden überhaupt zum Einsatz kommen kann und sollte: Lohnt es sich, die Erdgasnetze schrittweise auf Wasserstoff umzustellen, um alle jetzigen Erdgaskunden versorgen zu können? Die steigende Zahl an Konkurrenztechnologien, wie z. B. Wärmepumpen, erneuerbare dezentrale Wärme oder grüne Fernwärme, bieten zahlreiche attraktive Alternativen für Neu- und Bestandsbauten. Gleichzeitig ist die Umrüstung mit erheblichen Kosten für die Gasnetzbetreiber und die Kund*innen verbunden.
Aus diesem Grund wird vor allem langfristig häufig synthetisches Methan als Lösung ins Spiel gebracht. Synthetisches Methan basiert auf grünem Wasserstoff als Grundprodukt und CO2, das im besten Fall aus der Atmosphäre gezogen werden kann. So kann eine Klimaneutralität sichergestellt werden.
Die Hauptvorteile von synthetischem Methan sind seine chemische Ähnlichkeit zu Erdgas und die damit einhergehenden vergleichbaren Eigenschaften. Entsprechend ist eine Umstellung auf Seiten der Verbraucher bzw. in der Transport- und Verteilinfrastruktur nicht erforderlich. Darüber hinaus würde der enorme administrative Aufwand, der bei der Umstellung aller Verbraucher auf Wasserstoff notwendig wäre, wegfallen.
Dem gegenüber stehen die Nachteile des synthetischen Methans, wobei vor allem der Wirkungsgrad der Umwandlung von Ökostrom zu Gas noch geringer ist als bei Wasserstoff (Wasserstoff: ~80 %, synthetisches Methan: ~64 %). Dies erhöht die Produktionskosten und die Menge des benötigten Stroms. Die Notwendigkeit der CO2-Gewinnung aus der Atmosphähre, um tatsächlich nachhaltiges synthetisches Methan produzieren zu können, steigert die Kosten weiter.
Während Wasserstoff oder synthetischem Methan zur Wahrung der Versorgungssicherheit in der Fernwärme eine wichtige Rolle zukommen wird, scheint die Bedeutung von (grünen) Gasen im Gebäudesektor rückläufig zu sein. Stadtwerke und Netzbetreiber sollten deshalb frühzeitig einen Plan für die Zukunft ihrer Gasnetze entwickeln und ein diversifiziertes Wärmeproduktportfolio anstreben. Bei Fragen dazu stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.