21.09.2022 | Webmagazin 2022/04 Datenqualität: Kleine Abweichungen - große Wirkung!

Risiko Prognosegüte Jérôme Poos | Boris Kreft | Dr. Bärbel Wicha-Krause
jerome.poos@bet-energie.de

Ein Mangel an verlässlichen und vollständigen Daten kann insbesondere in Krisenzeiten zu gravierenden wirtschaftlichen Risiken führen. Das aktuelle dynamische Marktumfeld hat aufgezeigt, dass kleine, bislang tolerierbare Datenabweichungen teilweise bedrohliche finanzielle Auswirkungen verursachen. In einer quantitativen Analyse haben wir mögliche Effekte beispielhaft ausgewertet.

Die geänderten Marktbedingungen, welche sich in den vielfach erhöhten Marktpreisen, einer gestiegenen Volatilität sowie einer deutlich erschwerten Vorhersehbarkeit des Verbrauchsverhaltens und der Marktpreisentwicklung widerspiegeln, haben dafür gesorgt, dass in der Vergangenheit ausreichende Datenbestände sowie teilautomatisierte Prozesse heute einer Überarbeitung bedürfen. Insgesamt ergeben sich deutlich höhere Anforderungen sowohl an die Prozesseffizienz als auch an die Datenqualität an sich. 

Auf Basis des durch BET regelmäßig durchgeführten „Prognose- und Ausgleichsenergiebenchmarks“ für Energievertriebe kann der Effekt der jüngsten Preisentwicklung modelltechnisch finanziell quantifiziert werden. Wesentliches Maß stellen dabei die sogenannten „Ausgleichsenergie-Mehrkosten“ dar, die nicht nur die rein angefallen AE-Kosten betrachten, sondern zusätzlich die Wechselwirkung mit dem Spot-Markt berücksichtigen. 
Als Kernaussage beschreiben die AE-Mehrkosten das monetäre Einsparpotenzial durch eine bessere Prognosegüte oder umgekehrt auch das Risiko durch eine schlechte Prognosegüte im Energievertrieb. Unter der Annahme typischer Abweichungen und bei gleichzeitiger Berücksichtigung der aktuellen Marktpreise lässt sich modelltechnisch ein signifikant gestiegenes Einsparpotenzial bzw. Ausgleichsenergiekostenrisiko nachweisen. 

Führte eine durchschnittliche Prognosegüte von 4% (Mittlere absolute prozentuale Abweichung - MAPE) in der Vergangenheit zu durchschnittlichen AE-Kosten von 0,30 €/MWh, vervierfachen sich diese unter jetzigen Marktbedingungen auf rund 1,20 €/MWh. Noch deutlicher zeigt sich der Effekt in einer Verfünffachung der AE-Mehrkosten von 0,16 €/MWh auf durchschnittlich 0,74 €/MWh. Dabei betrifft das Thema nicht nur leistungsgemessene Kunden, sondern aufgrund der gestiegenen Mehrmindermengenkosten und unvorhersehbaren Auswirkungen der politischen Appelle zum Energiesparen auch die Standardlastprofil-Kunden.
Unsere aktuellen Projekterfahrungen zeigen, dass Datenqualität, Systeme, Schnittstellen und die gelebten Prozesse ganzheitlich optimiert werden können und zur Krisenvorsorge auch rechtzeitig optimiert werden sollten. 

Das Ziel muss hierbei sein, das Vertrauen in Daten und Rechenergebnisse so weit zu erhöhen, dass die operativen Prozesse automatisiert ablaufen können. So können die Ressourcen auf die Arbeit mit den Daten statt zur Validierung von Daten oder der manuellen Durchführung von operativen Prozessen verwendet werden. Last but not least ist es von hoher Bedeutung, dass sowohl die Datenqualitätsverbesserung als auch die Effizienzsteigerung nachhaltig im Unternehmen verankert werden.  
Wie sich der Markt in den nächsten Wochen und Monaten entwickeln wird, kann zurzeit wohl kaum jemand vorhersagen. Fest steht aber, dass eine kontinuierliche Verbesserung der Datenqualität und Effizienzsteigerung der operativen Prozesse einen wesentlichen Baustein der Krisenvorsorge darstellt.

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