20.09.2023 | Webmagazin CSDDD: Eine (weitere) Nachhaltigkeitsrichtlinie für Stadtwerke?

Mit umfassenden Sorgfaltspflichten und Klimaschutzplänen stellt die EU-Richtlinie zur Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit (CSDDD) neue Anforderungen an Ihr Unternehmen. Jacob Appelbaum
jacob.appelbaum@bet-energie.de

Die EU-Verordnung zur Nachhaltigkeits-Sorgfaltspflicht (CSDDD) setzt neue Standards für verantwortungsvolles Unternehmertum. Sie verpflichtet Unternehmen zur Sorgfalt bei Menschenrechten und Umwelt. Mit Klimaschutzplänen fördert sie einen nachhaltigen Ansatz in globalen Wertschöpfungsketten. Kleine Stadtwerke sind oft nicht (direkt) betroffen, größere jedoch schon.

Die Europäische Union (EU) will eine Vorreiterrolle bei der Förderung eines nachhaltigen und verantwortungsvollen Unternehmertums einnehmen. Eine der vielen Neuerungen der letzten Zeit in diesem Bereich ist die Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit (CSDDD), die nach intensiven Verhandlungen am 1. Juni 2023 vom Europäischen Parlament verabschiedet wurde. Eine endgültige Fassung muss nun im Trilog-Verfahren verabschiedet werden. Sobald die CSDDD auf europäischer Ebene beschlossen ist, haben die Mitgliedsstaaten zwei Jahre Zeit, die Verordnung in nationales Recht umzusetzen.

Die CSDDD soll sicherstellen, dass große Unternehmen ihre eigenen Aktivitäten und die ihrer Zulieferer einer Sorgfaltsprüfung unterziehen, um tatsächliche oder potenzielle negative Auswirkungen auf Menschenrechte und Umwelt zu erkennen und zu mindern.
Die Richtlinie gilt für Unternehmen in der EU mit mehr als 250 Beschäftigten und einem weltweiten Nettoumsatz von 40 Millionen Euro sowie für Unternehmen mit Muttergesellschaften mit mehr als 500 Beschäftigten und einem weltweiten Nettoumsatz von mindestens 150 Millionen Euro. Auch Unternehmen von außerhalb der EU fallen unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls in den Anwendungsbereich der Richtlinie.


Die CSDDD verpflichtet Unternehmen insbesondere dazu:

  • die potenziellen Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit und Lieferketten auf Umwelt und Menschenrechte zu prüfen
  • Strategien und Verfahren zum Umgang mit diesen Risiken zu entwickeln
  • öffentlich über ihre Bemühungen im Umgang mit Umwelt- und Menschenrechtsrisiken zu berichten
  • mindestens alle 12 Monate die Wirksamkeit der Sorgfaltspflichtverfahren zu überprüfen
  • Beschwerdemechanismen einzurichten, die es Mitarbeiter*innen und Stakeholdern ermöglichen, Bedenken zu äußern.

Ein wesentliches Merkmal der CSDDD ist die Anforderung an Unternehmen, Klimaschutzpläne zu entwickeln und umzusetzen. Damit soll sichergestellt werden, dass ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie mit den Zielen des Übergangs zu einer nachhaltigen Wirtschaft übereinstimmen. Zu diesen Zielen gehören die Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius gemäß dem Pariser Abkommen und das Erreichen der Klimaneutralität, wie sie in der europäischen Klimagesetzgebung festgelegt ist. 

Die CSDDD weist Ähnlichkeiten mit dem deutschen Lieferkettengesetz auf: Beide Regelungen zielen darauf ab, Unternehmen für ihre Auswirkungen auf Umwelt und Menschenrechte in die  Verantwortung zu nehmen. Während das deutsche Lieferkettengesetz jedoch nur für deutsche Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeiter*innen (ab 2024: mehr als 1.000 Mitarbeiter*innen) gilt, hat die CSDDD einen breiteren Anwendungsbereich und gilt für mehr Unternehmen in der gesamten EU. 

Neben dem Anwendungsbereich und den Anforderungen unterscheiden sich die CSDDD und das deutsche Lieferkettengesetz auch in ihren Durchsetzungsmechanismen. Während die CSDDD sowohl eine öffentlich-rechtliche Aufsicht als auch eine private Rechtsdurchsetzung vorsieht und eine zivilrechtliche Haftung für Schäden aus Verstößen gegen die Richtlinie ermöglicht, setzt das deutsche Gesetz bisher in erster Linie auf die staatliche Rechtsdurchsetzung und sieht als mögliche Sanktionen Bußgelder und den Ausschluss von öffentlichen Aufträgen vor. 

Darüber hinaus ist die Verpflichtung der Unternehmen zur Einrichtung von Beschwerdemechanismen in der CSDDD ein expliziterer und umfassenderer Ansatz zur Einbeziehung von Stakeholdern als im Lieferkettengesetz.

Schließlich steht die Betonung von Klimaschutzplänen in der CSDDD im Einklang mit dem übergeordneten Ziel der EU, bis 2050 klimaneutral zu werden. Diese Fokussierung auf den Klimaschutz ist im deutschen Lieferkettengesetz weniger stark ausgeprägt. Dort liegt der Schwerpunkt bisher auf Menschenrechten und anderen ökologischen Sorgfaltspflichten. Mit der Verabschiedung der CSDDD müssen die Regelungen im deutschen Lieferkettengesetz an die europäischen Vorgaben angepasst werden.

Die CSDDD unterstreicht das Engagement der EU zur Förderung eines nachhaltigen und verantwortungsvollen Unternehmertums, stellt aber gleichzeitig in Zeiten von Ressourcenknappheit, einer steigenden Anzahl von Aufgabenfeldern für Stadtwerke und einer zunehmenden Regelungsdichte hohe Anforderungen an Energieversorger und ihre Mitarbeiter*innen. Bei der Umsetzung der Richtlinie wird es für die Unternehmen entscheidend sein, die Anforderungen und Auswirkungen sowie die Synergieeffekte von Aktivitäten rund um die Nachhaltigkeitsberichterstattung und die Entwicklung von Dekarbonisierungsstrategien zu verstehen.


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